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Heiz Weißflog Naturlangsamkeit in der Malerei
 
Dr. Ingrid Koch
Heinz Weißflog
Heinz Weißflog
Sybille Nütt
 

Erinnerung in Farbe

In den ersten Bruchteilen des Betrachtens schlägt einem diese enorme Wucht an Farben entgegen - kraftvoll, unabhängig von eventuellen Bildinhalten und sehr selbstsicher im expressiven, dicke Farbauftrag. Hier ist ein wirklicher MALER, der in Farben sucht und schwelgt und wütet.
  Beim längeren Hinschauen bemerkt man die feinen, sensiblen Farbnuancen, ein sehr bewusstes Setzen von Farbe trotz des zum Teil spontan wirkenden expressiven Auftrages und man sieht oder ahnt mehr Farbschichten als nur die Oberste. Und diese Ahnung trügt nicht, denn viele der Bilder tragen 10, manche 15 Jahre der ständigen malerischen Befragung auf ihren Leinwänden.
  Und irgendwann beginnen diese Farbschichten zu erzählen, entwickeln erkennbare Formen, Figuren, Köpfe. Man liest den Titel des Bildes dazu und doch ist da instinktiv das Gefühl, dass diese Bilder in ihrer Ganzheit weitaus mehr sind als nur die Summe ihrer erkennbaren Einzelheiten.
 
Diese Bilder transportieren eigentlich Unsagbares - sie transportieren Stimmungen. Stimmungen menschlicher Lebenssituationen oder ganzer Lebenswege - nicht direkt nachvollziehbar, aber fühlbar.
 
Ein Bild löste in mir rein von Farben und Formen her etwas aus, was den Worten "Trauer" oder "Erinnerung" nahe kommt. Der Titel unterstützte denn diese Assoziationen: "Für Elise".
 
Oder das Werk mit dem Titel "Blindes Ohr". Damit verband sich für mich der Gedanke an Nicht-Sehen-und-Hören-Können-oder-Wollen.
Ein Kopf schält sich langsam aus den Farbschichten hervor - er wirkt aggressiv, auch ein wenig verrückt, sehr eigen - aber in jedem Fall auch sehr energiegeladen und willensstark. Kurzum: ein Individualist mit all seinen Qualen, die eigene Individualität auch leben zu können.
 
Und beim Betrachten fiel mir eine Geschichte ein, die mir vor längerer Zeit jemand erzählt hatte und die hier vielleicht eine malerische Entsprechung gefunden hat:
 
Eine große Gruppe von Fröschen veranstaltet einen Wettkampf und zwar sollen Freiwillige eine 4 m hohe Stange hinaufklettern. Wer zuerst ankommt, hat gewonnen.
Schon im Vorfeld rufen die zuschauenden Frösche, dass das garnicht geht - der Frosch ist überhaupt nicht zum Klettern gemacht, wer denn diese irrwitzige Idee gehabt hätte usw. Laut diskutieren sie, während die Frösche versuchen, den Kletterwettkampf anzugehen. Nach und nach fallen die kletternden Frösche auch von der Stange ab, obwohl mancher wider Erwarten ziemlich hoch kam. Die zuschauenden Frösche sagen, dass sie das doch gleich gewusst haben und was das ganze soll.
Nur einer kommt tatsächlich bis oben an!
Im Nachhinein stellt sich heraus, dass er taub war...
 
 
Sybille Nütt, 4. November 2004
 
Eröffnungsrede zur Ausstellung "Der Mandarin"
Galerie Sybille Nütt, Dresden